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  • Obsorge beider Elternteile

    Allgemeines zur gemeinsamen Obsorge

    Die Obsorge beider Elternteile, auch gemeinsame Obsorge genannt, eines minderjährigen Kindes besteht

    • in aufrechter Ehe,
    • ab dem Zeitpunkt der Eheschließung, wenn die Elternteile einander nach der Geburt des Kindes heiraten,
    • wenn eine Bestimmung beim Standesamt (am Ort der Geburt des Kindes) erfolgt oder
    • wenn eine Vereinbarung über die Obsorge dem Gericht vorgelegt wurde.

    Sind beide Elternteile mit der Obsorge betraut und wird die Ehe oder die häusliche Gemeinschaft aufgelöst, so bleibt die Obsorge beider Elternteile aufrecht.

    Bestimmung der gemeinsamen Obsorge

    Sind die Elternteile zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, ist allein die Mutter mit der Obsorge betraut. Die Eltern können aber

    • wenn die Obsorge nicht bereits gerichtlich geregelt wurde,
    • vor der Standesbeamtin/dem Standesbeamten persönlich und unter gleichzeitiger Anwesenheit
    • nach einer Belehrung über die Rechtsfolgen
    • einmalig bestimmen, dass beide Elternteile mit der Obsorge betraut sind.

    Eine Bestimmung der Obsorge beim Standesamt ist möglich.

    Diese vereinbarte Regelung kann ohne entsprechenden hoheitlichen (gerichtlichen) Akt nicht aufgehoben werden. Die Elternteile können somit gleichzeitig mit den personenstandsrechtlich relevanten Beurkundungsakten auch die Bestimmungen der Obsorge beim Standesamt vornehmen.

    Die Standesbeamtin/der Standesbeamte muss das für die Entscheidung über die Obsorge zuständige Gericht unter Anschluss der Erklärungen der Elternteile über die Bestimmung der Obsorge informieren. Die Bestimmung der Obsorge kann einseitig und ohne Begründung innerhalb von acht Wochen gegenüber der Standesbeamtin/dem Standesbeamten widerrufen werden.

    Darüber hinaus können die Elternteile dem Gericht – auch in Abänderung einer bestehenden Regelung – eine Vereinbarung über die Betrauung mit der Obsorge vorlegen, wobei die Betrauung eines Elternteils allein oder beider Elternteile vereinbart werden kann.

    Hinweis

    Die gemeinsame Obsorge von nicht miteinander verheirateten Elternteilen muss beantragt werden.

    Leben die beiden Elternteile nicht in einer häuslichen Gemeinschaft und sind beide Elternteile mit der Obsorge betraut, müssen sie festlegen, welcher Elternteil das Kind hauptsächlich betreuen soll. Der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird, muss mit der gesamten Obsorge betraut sein.

    Daraus ergibt sich auch, welcher Elternteil dem Kind den Unterhalt in Geld zu leisten hat, nämlich der, bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält.

    Da das österreichische Recht grundsätzlich davon ausgeht, dass schon bei aufrechter Ehe der Eltern jeder Elternteil allein für das Kind als Vertreterin/Vertreter auftreten und handeln kann, wird auch nach der Scheidung – im Fall des Fortbestehens der Obsorge beider – etwa die Mutter, bei der sich das Kind hauptsächlich aufhält, alle für das Kind zu treffenden Maßnahmen, besonders im Schulbereich, bei Ausstellung eines Reisepasses oder im Fall medizinischer Maßnahmen, selbstständig vornehmen können. Bei gewichtigen Angelegenheiten (z.B. Namensänderung des Kindes, Erwerb einer oder Verzicht auf eine Staatsbürgerschaft, bestimmte Vermögensangelegenheiten) müssen die gemeinsam obsorgeberechtigten Eltern jedoch gemeinsam entscheiden.

    Die Eltern können auch festlegen, dass ein Elternteil die alleinige Obsorge für das Kind übernimmt oder dass die Obsorge eines Elternteils nur bestimmte Bereiche umfasst (z.B. die Vermögensverwaltung). Die Obsorge des Elternteils, in dessen Haushalt das Kind hauptsächlich lebt, kann jedoch nicht auf gewisse Bereiche eingeschränkt werden.

    Hinweis

    Auch wenn sich die Ehepartnerin/der Ehepartner während der Ehe gewalttätig verhalten hat, bleibt es nach der Scheidung zunächst grundsätzlich bei der gemeinsamen Obsorge. In diesem Fall sollte schon vor beziehungsweise während des Scheidungsverfahrens immer wieder auf die Gewalttätigkeit des anderen und die damit verbundene Gefährdung des Kindes hingewiesen und ein Antrag gestellt werden, dem gewaltbereiten Elternteil die Obsorge zu entziehen. Für die Entscheidung des Gerichts sind Nachweise der vorgefallenen Gewalt (z.B. Strafurteil) wichtig.

    Nähere Informationen zur "Alleinigen Obsorge eines Elternteils" finden sich ebenfalls auf oesterreich.gv.at.

    Kinderbeistand

    In hochstrittigen und für die betroffenen Kinder besonders belastenden Verfahren besteht über

    • die Obsorge und
    • das Recht auf persönlichen Kontakt (früher Besuchsrecht genannt) 

    für das Gericht die Möglichkeit, einen sogenannten Kinderbeistand zu bestellen. Der Kinderbeistand soll sich ausschließlich um die Anliegen und Wünsche der Minderjährigen (grundsätzlich bis zum Alter von 14 Jahren) in solchen Verfahren kümmern; er soll ihnen insbesondere als Ansprechperson zur Seite stehen und mit ihrem Einverständnis ihre Meinung dem Gericht gegenüber äußern. Darüber hinaus trifft den Kinderbeistand eine umfassende Verschwiegenheitspflicht. Die Kosten des Kinderbeistands sind von den Parteien (im Regelfall werden dies die Eltern sein), jedoch niemals vom Kind, in Form einer pauschalierten Gerichtsgebühr zu zahlen, die sich nach der Verfahrensdauer bemisst, nicht nach den Arbeitsstunden des Kinderbeistands. Für die ersten 6 Monate der Tätigkeit eines Kinderbeistandes fallen seit 1. Juli 2015 keine Gerichtsgebühren mehr an, sofern die Bestellung des Kinderbeistandes nach dem 30. Juni 2015 erfolgt ist. Die Gebührenpflicht setzt erst nach Ablauf dieses Zeitraumes (Ablauf von sechs Monaten ab Bestellung des Kinderbeistandes) ein, wenn der Kinderbeistand über diese Dauer hinaus beschäftigt wird. Für die Parteien besteht die Möglichkeit, Verfahrenshilfe zur einstweiligen Befreiung von der Entrichtung dieser Gebühren zu erlangen.

    Rechtsgrundlagen

    Zum Formular

    Für den Obsorgeantrag bei Gericht steht das Formular "Obsorgeantrag" des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) zur Verfügung.

    Letzte Aktualisierung: 1. Jänner 2024

    Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Justiz